Eingestellt am 5. Februar 2021 · Eingestellt in Alle Publikationen, Inflationscheck

Nach Lesart des statistischen Bundesamts sind die Konsumentenpreise in Deutschland im Januar 2021 gegenüber dem Vorjahresmonat um 1 Prozent gestiegen. Im Vormonat lag dieser Wert noch bei -0,3 Prozent. Die Höhe der Veränderung ist durchaus bemerkenswert.

Vermögensklassem im YPOS Inflationscheck

Die Zinsstrukturkurve deutscher Staatsanleihen zeigt selbst für dreißigjährige Laufzeiten leicht negative Renditen. Für kürzere Laufzeiten ist das Minus deutlich größer. Auch die Addition von Kreditrisikoprämien ergibt in Summe keine auskömmlichen Renditen. Bei Anleihen erscheinen daher opportunistische Strategien angebracht.

Welche Inflationserwartung hat der Kapitalmarkt?

Die langfristigen Inflationserwartungen haben sich deutlich von ihren Tiefstständen des vergangenen Frühjahrs erholt.

Für die Eurozone liegt der Wert mit 1,4 Prozent weiterhin deutlich unter der Zielgröße der Europäischen Zentralbank (EZB). Für die USA liegt die langfristige Inflationserwartung bei 2,4 Prozent. Bei einer Rendite von etwas über einem Prozent für die zehnjährige US-Staatsanleihe ist der erwartete Realzins auf dieser Basis negativ.

Im strategischen Bild begünstigt dies Sachwerte.

Ist die Markterwartung richtig?

Die Erwartungen an die Zukunft sind häufig fortgeschriebene Trends der Vergangenheit. Im Rahmen der 2008er Finanzkrise wurden die Zinsen deutlich gesenkt und die Geldpolitik war sehr expansiv. Die allgemeine Erwartung war damals, dass dies inflationär wirken müsse.

Dennoch kam es, zumindest nach der Definition der Statistikämter auf die die Notenbanken schauen, nicht zu deutlich steigenden Inflationsraten bei den Konsumentenpreisen. Daher könnte es sein, dass die allgemeine Markterwartung das zukünftige Inflationspotential diesmal unterschätzt. Für diese These spricht, dass die Staaten aktuell ebenfalls massiv stimulieren und die politische Agenda eine andere als nach der Finanzkrise ist.

Staatliche Rekordausgaben, private Vermögen auf Rekordhoch, ein deutlicher Nachholeffekt im Konsumverhalten und nachlassende politische Unsicherheiten bieten also das theoretische Fundament für eine deutliche wirtschaftliche Belebung und steigende Preise.

Denken Sie wie die Notenbank

Den Notenbanken ist klar, dass das nachhaltige Inflationsniveau schwer abzuschätzen ist. Daher haben sie vorgebaut und verbal eine Art „Inflationsguthaben“ kreiert. Das bedeutet nichts anderes, als dass temporär höhere Inflationsraten akzeptiert werden, da man den Betrachtungszeitraum verändert und die Vergangenheit einbezieht. Die kombinierte durchschnittliche Betrachtung aus Vergangenheit und Zukunft ermöglicht also einen langsamen Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik. Ergänzend kommt hinzu, dass die Notenbanken tendenziell recht spät (sicherheitsorientiert) im Konjunkturzyklus reagieren und damit eher „hinter der Kurve“ sind.

Anleger können ebenfalls nicht abschätzen, ob und wann die Inflation steigt und wie lange sie auf einem erhöhten Niveau bleiben könnte. Vielleicht sehen wir auch ein langfristig anderes Regime mit strukturell höheren Inflationsraten. Wer weiß das schon?

Dementsprechend sollten Anleger es den Notenbanken gleichtun und sich für höhere Inflationsraten wappnen. Im Gegensatz zur Notenbank sollte das allerdings nicht nur auf der verbalen Ebene stattfinden, sondern echte Anpassungen in der Anlagestrategie zur Folge haben.

Der Begriff der „finanziellen Repression“ mag heute deutlich weniger in den Medien präsent sein, aber in der Lebenswirklichkeit von professionellen und privaten Anlegern ist der Zustand sehr deutlich zu spüren.

Über den Autor

Magnus Lenz, Bankkaufmann, Bankfachwirt (IHK) und zertifizierter Vermögensberater (Frankfurt School of Finance & Management) ist ein erfahrener Wertpapier-, Kredit- und Vorsorgespezialist. 2009 gründete er die Lenz Financial Wealth Management GmbH mit dem Ziel, seinen Kunden eine individuelle und unabhängige Beratung bieten zu können.